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Grußwort S.E. Benassi anlässlich des 72. Jahrestages der Italienischen Republik (5. Juni 2018)

Sehr geehrter Herr Bundespräsident a.D. Gauck,
sehr geehrte Frau Bundesministerin Klöckner,
sehr verehrte Staatsminister und Staatssekretäre,
sehr geehrte Mitglieder des Bundestages,
Exzellenzen, liebe Kollegen des diplomatischen Korps,
liebe Landsleute,
meine Damen und Herren,

ich möchte mich auch im Namen meiner Frau Monica bei den vielen Gästen bedanken, die heute mit uns den 72. Jahrestag der Italienischen Republik feiern. Wir sind in dieser schönen Botschaft zusammengekommen, die durch die Werke des großen italienischen Maestros und Künstlers Michelangelo Pistoletto zusätzlich bereichert worden ist.

Es ist ein Jahrestag, den wir hier, wie in allen unseren Botschaften und Konsulaten auf der ganzen Welt, mit Freude begehen. Dabei fühlen wir uns verpflichtet, an alle Epochen unserer Republik zu erinnern, sowohl an die guten als auch an die schwierigen.
Das tun wir an erster Stelle mit unseren Landsleuten, aber auch mit unseren Kollegen des diplomatischen Corps und mit den vielen Freunden, Kollegen und deutschen Institutionen, mit denen wir täglich zusammenarbeiten. Im Vordergrund steht hierbei die weitere Stärkung der traditionell, ausgezeichneten Beziehungen zwischen Italien und Deutschland, den Gründerländern des gemeinsamen europäischen Hauses.

Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, dass die Herausforderungen gewachsen sind, vor denen wir seit einigen Jahren sowohl auf globaler als auch auf europäischer Ebene stehen und von denen ich annehme, dass sie uns noch lange Zeit beschäftigen werden.
Die Auswirkungen von Globalisierung und Digitalisierung und die vielen regionalen Krisen erinnern uns täglich daran, dass sich politische sowie wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungen kontinuierlich gegenseitig beeinflussen. Seit Jahrzehnten hatten wir uns diesbezüglich an eine positive Dynamik gewöhnt. Seit einigen Jahren jedoch sind die Auswirkungen vornehmlich mit Problemen behaftet.
Die öffentliche Meinung spiegelt Warnsignale und die Forderung wider, dass sich die Politik dieser Probleme annehmen muss.

Unser Kontinent ist dieser gigantischen globalen Herausforderung nicht entkommen, die wie eine Matroschka viele andere beinhaltet (wirtschaftlicher Stillstand, Migrationsströme, Terrorismus, Klimawandel, protektionistische Tendenzen, Risiken der Verbreitung von Atomwaffen usw.).

Europa ist in vielerlei Hinsicht die Wiege unserer Zivilisation und Kultur. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen hat es sich aber manchmal als unschlüssig erwiesen. Trotz der Lehren der Geschichte, scheinen wir nicht in der Lage zu sein, alle Werkzeuge unserer Kultur und unseres Wertesystems zu nutzen.
Wir sind in der Tat zu sehr damit beschäftigt, die Nachrichten mit der Geschichte oder gar den Tweet mit der Politik zu verwechseln.

Auf diesem, manchmal nichtlinearen Weg haben wir es oft für selbstverständlich gehalten, dass die großen Fortschritte der letzten siebzig Jahre für immer erreicht worden sind. Wenn wir einen Moment innehalten, um darüber nachzudenken, findet sich vielleicht genau darin der größte Fehler.

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand, wirtschaftliche Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und die Gleichstellung der Geschlechter sind keine statischen Größen, sondern das Ergebnis eines Prozesses ständiger Bemühungen und Fortschritte. Was erworben wird, muss jeden Tag verteidigt und gestärkt werden. Das ist schließlich das Erbe, das wir von unseren Vätern erworben haben, um sie unseren Kindern in einem bestmöglichen Zustand zu übergeben. Was uns heute vielleicht hauptsächlich beunruhigt (und das sage ich mit elterlicher Sorge), ist die Angst, unseren Kindern nicht das Kapital mitgeben zu können, das wir von unseren Eltern erhalten haben.

Unsere Herausforderung ist daher schwierig, aber gleichzeitig auch klar. Wir müssen uns bemühen, eine bessere Gesellschaft zu hinterlassen, nicht eine schlechtere.

Um dies zu erreichen, müssen wir meines Erachtens etwas zurückgewinnen, das wir vielleicht in den letzten Jahren verloren haben. Wie der Präsident der Italienischen Republik Sergio Mattarella kürzlich in seiner Rede „Zur Lage der Union“ (The State of the Union) in Florenz erklärte:
„Wenn es die Solidarität war, die es ermöglichte, unsere Union zu gründen, dann ist es nicht ohne Bedeutung, zu diesem – fast schon ursprünglichen – Band zurückzukehren, um die heutigen Probleme anzugehen.“ Und weiter „Die eifrige Solidarität der Anfänge scheint sich tatsächlich in eine stagnierende Gleichgültigkeit verwandelt zu haben; in ein Misstrauen, das sich auf allen Ebenen ausbreitet und das zunehmend dazu führt, dass die öffentliche Meinung, die Regierungen, die gemeinsamen Institutionen gegenseitigen Argwohn hegen“.

Gestatten Sie mir einen persönlichen Exkurs, der nicht ganz unabhängig von diesen Ausführungen von Präsident Mattarella ist. Nach mehr als dreißig Jahren diplomatischer Laufbahn, die hauptsächlich mit Fragen der Europäischen Union zu tun hatte, gibt es einen Begriff, der meiner Meinung nach zunehmend zum Symbol eines introvertierten und für künftige Herausforderungen immer weniger offenen Europas geworden ist. Dieser traurige und – im Wesentlichen irreführende – Begriff ist der des „Nettozahlers“ (und ich möchte daran erinnern, dass Italien auch ein Nettozahler ist). Eine buchhalterische Definition, die es nicht nur unmöglich macht, sich mit einem politischen Ziel verknüpfen zu lassen, sondern auch eine echte „wirtschaftliche Bilanz“ nur zum Teil genau darstellt.
Was mir jedoch klar ist, ist die Tatsache, dass wir in Europa nur zwischen zwei Kategorien von Begriffen wählen können: „Entweder sind wir alle Nettogewinner oder wir sind alle Nettoverlierer„.

Wie Ministerpräsident Conte vor wenigen Stunden vor dem Senat bekräftigte: “Die Interessen Italiens und Europas stimmen überein.“ In seiner Rede sprach er außerdem ein gerechteres Europa an, das die Grundsätze von Solidarität und Verantwortung miteinander verbindet.
Ich bin mir sicher, dass wir auf dem Weg dahin die richtigen Maßnahmen für Entwicklung und Aufschwung definieren können, die ein bürgernahes Europa garantieren.

Zum Ende meiner Rede widme ich mich nun bewusst den in allen Bereichen so intensiven bilateralen Beziehungen zwischen Italien und Deutschland, denn sie wachsen und entfalten sich in einem globalen Rahmen und insbesondere im Kontext der Europäischen Union.
Diese beiden Ebenen stärken sich gegenseitig, könnten sich aber auch gegenseitig schwächen. Die Geschichte der letzten 60 Jahre war für uns von Erfolgen bestimmt, die wir jetzt nicht einbüßen dürfen.

Gestatten Sie mir nun, die italienische Gemeinschaft in diesem Land kurz in meiner Muttersprache zu begrüßen. Eine große, historische Gemeinde, die sich über die gesamte Bundesrepublik verteilt. Eine schöne Gemeinschaft, deren Anteil an jungen Menschen stetig wächst (Berlin ist hier ein gutes Beispiel), die sich, um wichtige Lebenserfahrungen zu sammeln, von Deutschland angezogen fühlen.

Un saluto, appunto, alla nostra bellissima collettività italiana
Una collettivita storica, numerosa, di grande laboriosità e dal grande contributo prestato alla crescita di questo Paese.
L’Italia in Germania Paese si sente fieramente rappresentata da voi così come voi tutti mantenete il legame affettivo e culturale con il nostro Paese, dandomene ogni giorno anche a me dimostrazione.
Guardo con molto interesse e cura anche ai giovani italiani che numerosi sono venuti in questo Paese negli ultimi anni.
A loro dedichiamo diverse attività della nostra Ambasciata a Berlino ed abbiamo iniziato anche con i nostri Consolati ed Istituti di Cultura in altre città di questo Paese.
Ai giovani dico che il nostro Paese si sforzerà sempre più affinche la loro decisione di lasciare l’Italia per altre destinazioni debba essere solo il frutto di una scelta e mai di una costrizione.
Ed è esattamente con questo ultimo auspicio che sono felice di festeggiare con voi l’anniversario della Repubblica Italiana.

Meine tägliche Arbeit und mein Engagement sind natürlich auch dieser Gemeinschaft gewidmet, so wie auch die aller meiner Mitarbeiter. Ich nehme diese Gelegenheit daher gerne zum Anlass, meinem gesamten Team zu danken, das so engagiert, so kompetent und mit großer Verantwortung seine Aufgaben wahrnimmt und mich in allen Belangen unterstützt. Ich möchte mich auch bei dem Italieschem Kulturinstitut bedanken, dass von Herrn Professor Luigi Reitani hervorragend geleitet wird.

Wie ich bereits im vergangenen Jahr über unsere bilateralen und europäischen Beziehungen sagte: „Manchmal diskutiert man über die Mittel und Wege. Aber ich erinnere mich nicht, auch nur ein einziges Mal uneins über die Ziele gewesen zu sein.“ Das sollten wir nicht vergessen.

Ich bedanke mich für Ihren Besuch und wünsche Ihnen allen einen angenehmen Abend in unserem schönen Palazzo am Tiergarten!

Vielen Dank.