Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freunde,
seit 1919 begehen wir am 4. November den Tag der Italienischen Einheit und der Italienischen Streitkräfte. An diesem Tag wird das Ende des ersten Weltkrieges in Italien mit der Unterzeichnung des Waffenstillstands und die nachfolgende Ergänzung des langen Pfades zur nationalen Einheit gewürdigt. Der erste Weltkrieg war das blutigste Ereignis in der italienischen Geschichte und die erste Gelegenheit, in der Frauen und Männer aus allen Städten und Dörfern der Halbinsel mit einem gemeinsamen Ziel zusammenkamen: Das eigene Land zu verteidigen. Dies unterstützte wie nichts zuvor die Entwicklung unserer nationalen Identität, die sich in den ersten Jahrzehnten des im Jahr 1861 gegründeten Italienischen Königreiches aus verschiedenen Gründen noch nicht herausgebildet hatte. Mit anderen Worten: Der 4. November und somit das Ende des ersten Weltkrieges hat uns ein wertvolles Erbe hinterlassen: – die Identifizierung eines Volkes mit seiner Nation.
Deshalb lautet die diesjährige institutionelle Botschaft: Ich glaube daran! Heute so wie damals vereint unter der Trikolore!
Diesen für uns bedeutungsvollen historischen Tag hätten wir gerne, wie in den vergangenen Jahren, in der Italienischen Botschaft gemeinsam mit Ihnen begangen. Mit großem Bedauern und aufgrund der aktuellen Situation und der anhaltenden Einschränkungen in allen Bereichen zur Eindämmung von COVID, haben wir es für richtig erachtet, auf den traditionellen Empfang in unserer Botschaft zu verzichten, um im Kampf gegen das Virus wachsam zu bleiben und den zahlreichen Opfern der Pandemie und ihren Angehörigen in Italien, Deutschland, Europa und der übrigen Welt Respekt zu erweisen.
Dieses Jahr können wir leider nur „virtuell“ treffen. Trotzdem möchte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in diesem Jahr meine Gedanken mit Ihnen teilen, die ich in meiner Rede zu diesem Anlass hätte aussprechen wollen, aber zuerst möchte ich mich sehr herzlich bei Seiner Exzellenz, dem Herrn Botschafter Luigi MATTIOLO bedanken, der uns diese virtuelle Gelegenheit zur Verfügung gestellt hat.
An diesem Tag möchten wir insbesondere all jener Frauen und Männer gedenken und ehren, die damals wie heute, das höchste Gut, ihr eigenes Leben, nicht nur für die Verteidigung Italiens sondern auch für die Verteidigung Europas und der internationalen Gemeinschaft geopfert haben.
Die befürchtete zweite durch Covid verursachte Infektionswelle schreitet in bedrohlicher Weise voran und bestätigt sich als epochale Herausforderung, die unser Leben und unsere Gewohnheiten verändert und unsere Ressourcen zutiefst gefährdet. Es handelt sich um einen hybriden und heimtückischen Kampf, bei dem sich unsere Streitkräfte noch nie zuvor voll und ganz auf eine ihrer institutionellen Gründungsaufgaben konzentriert haben: Die Unterstützung ziviler Behörden bei Notfällen. Die italienischen Streitkräfte haben in allen Phasen der Pandemie eine maßgebliche Rolle gespielt und spielen sie immer noch.
Ergänzend zu dem dauernden Einsatz des in der Operation „Strade Sicure“ beschäftigten Personals, das täglich ca. 8000 Frauen und Männer zur Unterstützung der Ordnungskräfte zur Verfügung stellt, beteiligten die italienischen Streitkräfte sich mit eigenem militärischen Sanitätspersonal, mit dem Transport von medizinischer Ausrüstung und Patienten, mit der Bereitstellung von Feldlazaretten, mit Diagnoseeinrichtungen und anderen vielfältigen Formen der Beteiligung.
In diesem Zusammenhang möchte ich den deutschen Institutionen und der Bundeswehr für alles, was sie in der schwierigsten Phase der Krise ermöglicht haben, meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Im Geiste echter europäischer Solidarität hat Deutschland unsere Patienten in Krankenhäusern aufgenommen und den Transport von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung nach Italien unterstützt.
Die gegenwärtige Krise hat deutlich gemacht, dass das Schicksal Europas eng mit dem aller Mitgliedstaaten verbunden ist. Nur ein solidarisches Europa, das mit der NATO in Synergie steht, strategisch koordiniert und politisch vereint ist, wird in der Lage sein, die Nebenwirkungen der Pandemie in den kommenden Jahren erfolgreich zu bekämpfen. Vor allem Deutschland und Italien sind stark durch eine enge freundschaftliche und solidarische Beziehung miteinander verflochten: keine der beiden Nationen wird ohne die andere vollkommen neu beginnen können, in der Erkenntnis, dass die Stärkung der Rolle Europas in der Welt heute eine unverzichtbare Notwendigkeit in der Außenpolitik jedes Mitgliedstaates ist.
Ich hoffe sehr, dass die Lageentwicklung, es uns ermöglicht wird, den Tag der Italienischen Einheit und der Italienischen Streitkräfte im November 2021 wieder zu feiern.
Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung unserer bereichernden Zusammenarbeit und ausgezeichneten Kameradschaft mit deutschen Kolleginnen und Kollegen. Beides werde ich mit all meiner Kraft weiter pflegen, fördern und weiterentwickeln, damit die Beziehungen zwischen unseren Nationen und unseren Streitkräften immer besser werden.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und bitte bleiben Sie gesund!
Es lebe Italien, es lebe Deutschland, es lebe Europa!
Berlin, 4. November 2020