Am heutigen 17. Juli wird der “Tag der Internationalen Strafjustiz” begangen. Er erinnert an einen entscheidenden Moment für die Förderung der Rechtsstaatlichkeit, den Schutz der Menschenrechte und die Bestrafung von Verbrechen, die das friedliche Zusammenleben der Völker untergraben. Am 17. Juli 1998 wurde das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes angenommen – ein Ereignis, das wegen seiner historischen Bedeutung vielfach mit der Annahme der Charta der Vereinten Nationen verglichen wurde.
Somalia, Ruanda, Bosnien und heute auch Syrien: Intoleranz und Gewalt tendieren weltweit nicht zum Rückgang. Kein Land kann von sich sagen, dagegen immun zu sein. Doch mit der Schaffung des Gerichtshofs wollte die internationale Gemeinschaft jede Form der Gleichgültigkeit gegenüber Gräueltaten wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie jede Form der Straflosigkeit der Verantwortlichen zurückweisen.
Es kann keinen Frieden geben ohne Anerkennung der schweren Schuld und ohne Verurteilung der Verbrecher: kurzum ohne Gerechtigkeit für die Opfer. Will man sie nicht zur Ursache destabilisierender Infektionen werden lassen, müssen die Wunden der Vergangenheit behandelt werden. Das Bewusstsein und die Strafbarkeit der begangenen Untaten sind Voraussetzung für deren endgültige Überwindung. Deshalb ist der Internationale Strafgerichtshof ein Instrument des Friedens und der präventiven Diplomatie. In vielen Fällen hat die Suche nach der Wahrheit nicht nur den Opfern Gerechtigkeit verschafft, sondern auch eine Art kollektive Katharsis ausgelöst. Die Abschreckungsrolle des Gerichtshofs dient somit der Menschheit, um zu verhindern, dass sich derartige Brutalitäten wiederholen. Gleichzeitig trägt sie zur Verankerung des Legalitätsprinzips und zur Durchsetzung des Grundsatzes der Schutzverantwortung gegenüber der Kultur der Straflosigkeit bei.
Der Strafgerichtshof hat im Laufe der Jahre an Autorität und Glaubwürdigkeit gewonnen. Die Zahl der Länder, die sein Statut ratifiziert haben, liegt jetzt bei 122. Die 2010 in Kampala abgehaltene Überprüfungskonferenz zum Rom-Statut führte dann zur Annahme einiger wichtiger Änderungen zum Thema Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression, die den Anwendungsbereich des Statuts erweitern können. Als Vertragsstaaten sind wir alle aufgerufen, die notwendige politische und finanzielle Unterstützung des Gerichtshofs mit Überzeugung sicherzustellen. Denn ohne die „aktive“ Mitwirkung der Staaten, ohne ein gemeinsames Engagement und den entschlossenen Willen, dem Strafgerichtshof zum Funktionieren zu verhelfen, bliebe die Errungenschaft des ersten Segments der internationalen Strafgerichtsbarkeit ohne jeden Inhalt.
Italien hat die Einrichtung des Strafgerichtshofs unterstützt. Es hat das Ratifizierungsgesetz zum Rom-Statut unverzüglich angenommen, brauchte aber ein Jahrzehnt bis zur Anpassung der innerstaatlichen Rechtsordnung an das Statut und um sich in die Lage zu versetzen, voll mit dem Strafgerichtshof zu kooperieren. Beim Thema Menschenrechte darf man in seiner Wachsamkeit nie nachlassen. Ich möchte daher diesen Jahrestag nicht nur zum Anlass nehmen, um zu feiern, sondern auch um die Unterstützung der internationalen Strafgerichtsbarkeit durch die italienischen Institutionen und die italienische Gesellschaft zu erneuern.
In diesem Sinne habe ich angeordnet, dass die Flagge des Internationalen Strafgerichtshofs heute neben den Flaggen von Italien und der Europäischen Union im Außenministerium gehisst wird.
Emma Bonino