Anlässlich des Holocaust-Gedenktages fand heute Abend in der Italienischen Botschaft die Veranstaltung „Es war einmal ein Ghetto… Reise durch die jüdische Musik auf der Insel des göttlichen Taus“ statt. Der Titel leitet sich vom hebräischen „I-Tal-Yah“ bzw. „Insel des göttlichen Taus“ ab, also dem Namen, den die Juden in der Antike der italienischen Halbinsel gaben.
Im Mittelpunkt des Abends stand der Auftritt der Sängerin, Komponistin, Psychoanalytikerin und Musikethnologin Miriam Meghnagi. Die in Tripolis in einer Familie sephardischer Herkunft geborene Künstlerin gilt international als eine der wichtigsten Interpretinnen der jüdischen Musiktradition. Auf der Reise durch die Lieder der jüdischen Tradition wurde Meghnagi von dem Pianisten und Komponisten Alessandro Gwis begleitet. Dabei zeichnete sie die jahrhundertealte Geschichte der jüdischen Gemeinde in Italien nach. So porträtierte sie auf musikalische Weise Städte wie Venedig und Rom, in denen die jüdischen Gemeinden jahrhundertelang zwischen Integration und Ausgrenzung lebten: in Venedig entstand im 16. Jahrhundert das „Ghetto“, das geschaffen wurde, um abzuschotten und zu teilen. Im Rahmen der Vorführung hielt außerdem Prof. Dr. Giulio Busi, Professor für Judaistik und Leiter des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin, einen informativen Vortrag.
Die Reise zwischen Wort und Musik veränderte in einem idealen Perspektivwechsel die Rolle und die Wahrnehmung der Ghettos, die von Orten der Isolation zum Herzstück vieler Städte geworden sind. Durch den Einsatz verschiedener Sprachen und Musiktraditionen wurde ein Bild der Vitalität jüdischer Kultur in Italien in Vergangenheit und Gegenwart vermittelt.
„Die italienisch-jüdische Kultur am Tag des Gedenkens an die im letzten Jahrhundert begangene Vernichtung zu feiern, bedeutet auch das Scheitern jenes Projekts zu feiern, das nur wenige Kilometer von diesem Gebäude entfernt zu Papier gebracht wurde“, sagte Botschafter Armando Varricchio in seiner Eröffnungsrede. Auch betonte der Botschafter den unverzichtbaren Beitrag der jüdischen Gemeinschaft zur italienischen und deutschen Kultur: „Die italienische Kultur ist nicht denkbar ohne den Beitrag, den unzählige jüdische Intellektuelle, Wissenschaftler, Künstler und Ökonomen im Laufe der Jahrhunderte geleistet haben. Das Gleiche trifft auf Deutschland zu.“